Nur mehr wenige Tage bis das Christkind kommt!
Diese Tatsache passt bisweilen fuer uns nur schwer zu den aeusseren Umstaenden, die wir hier auf den Philippinen haben. Weit und breit kein Schnee und keine Kaelte. Die Temperaturen sind eigentlich wie bei uns im Sommer. Auch hat die „Vorbereitungszeit“ auf Weihnachten schon im September begonnen. Seit vier Monaten kann man Christbaeume und Weihnachtsschmuck in den Shopping-Malls bewundern und kaufen. Also sind sie nichts aussergewoehnliches oder besonderes mehr. Trotzdem freuen wir uns, Weihnachten in einer ganz anderen Umgebung feiern zu koennen.
In den ersten eineinhalb Dezemberwochen gab es eine spezielle „formation“ fuer unsere sieben Search-In-Boys in Balanga, der Stadt, in der wir jedes Wochende mit unseren MVP-Boys (Marcel Van Program Boys) sind. Diese Search-In-Boys sind im heurigen Jahr aus verschiedensten Gefaengnissen entlassen worden und haben sich seit November auf das MVP vorbereitet, in das sie nun aufgenommen werden. In diesen eineinhalb Wochen lernten sie durch verschiedenste Aktivitaeten die anderen Burschen naeher kennen, bekamen Englischunterricht, hielten Praesentationen ueber sich selbst, hatten spirituelle Einheiten und besuchten den Bischof der Dioezese Bataan. Alle Burschen sind sehr nett und lustig. Deshalb sind die Gruende, warum sie im Gefaengnis waren, oft schwer zu glauben. Es ist fast nicht vorstellbar, dass zum Beispiel zwei 18jaehrige Burschen minderjaehrige Maedchen misshandelt haben, oder ein 17jaehriger (der noch dazu ziemlich harmlos aussieht) mehrere Ueberfaelle begangen hat. Das Gute an allen Burschen ist aber, dass sie nicht wenig motiviert sind, ihr Leben zu aendern. Deshalb sind sie auch im MVP! An einem der letzten Tage der „formation“ sind wir nach Bagac ans Meer gefahren (das erste mal fuer uns seit unserem Philippinenaufenthalt, dass wir das Meer gesehen haben). Dort hatten wir einen wunderschoenen Gemeinschaftstag. Fotos dazu folgen!
Die darauffolgenden zwei Wochen verbrachten wir mit der Vorbereitung und dem Feiern der Christmasparties in Gefaengnissen und Squater-Areas. Unsere ersten Parties waren im MYRC (Manila Youth Reception Center), dem Gefaengnis, in dem wir woechentlich mit den jugendlichen Insassen Basketball spielen. Interessant ist, dass unter anderem auch McDo (Mc Donalds) dort eine Party organisiert. Von uns bekamen die Burschen aber nicht nur leichbliche sondern auch geistige Nahrung. Nach einem kurzen Spiel zur Auflockerung sangen wir einige Weihnachtslieder (wir oesterreichischen Voluntaere gaben „Ihr Kinderlein kommet“ zum Besten), sahen eine meditative Praesentation ueber Weihnachten und hoerten einen kurzen Impuls. Anschliessend betete Schwester Edith mit den Burschen und es gab kleine Austauschgruppen. Diese Austauschgruppen waren beruehrend und teilweise erschreckend, da die missliche Lage einiger Burschen deutlich zu sehen war. Wir hoerten von vielen Jugendlichen, dass wir, wenn wir woechentlich ins Gefaengnis gehen, zum Einen ihr einziger Besuch sind (!) und zum Andern sie die einzige Moeglichkeit haben, ihre Zelle zu verlassen. Sie waren auch sehr bedrueckt und traurig, weil sie Weihnachten nicht zu Hause mit ihrer Familie feiern werden koennen und ein paar Burschen noch dazu unschuldig hinter Gittern sitzen. Das trifft natuerlich nur auf einen kleinen Teil zu; die meisten haben kleinere oder groessere Verbrechen begangen (das rechtfertigt aber noch lange nicht die schrecklichen Zustaende im MYRC!).
Ein unschuldiger Bursch wurde zum Beispiel mitten in der Nacht von der Polizei aufgeweckt und festgenommen; er arbeitete als „Rad-Taxi-Fahrer“ und schlief darauf. Der Grund ist unvorstellbar: in der Umgebung, in der er sich aufhielt, wurde eine Autobatterie gestohlen. Da der eigentliche Dieb aber fliehen konnte und ein Schuldiger gebraucht wurde, wurde einfach er festgenommen! Bis es aber zu einer Gerichtsverhandlung kommt, koennen Monate vergehen! Diese Art und Weise der Festnahmen kommen leider haeufig vor. Beliebt ist auch die Methode, dass einem Bestohlenem ca. zehn Burschen, die fuer den Diebstahl in Frage kommen koennten, gezeigt werden und dieser auf einen deutet, den er fuer schuldig haelt…
Im NTSB (National Training School for Boys), das wir jeden Monat fuer zwei Tage besuchen, hatten wir so ziemlich die selben Christmasparties wie im MYRC. Wir feierten die Hl. Messe mit ihnen, schauten Filme und diskutierten darueber und hatten auch ein Meeting mit dem Staff. Als die Burschen die Praesentation ueber MVP und die darin vorkommenden Jugendlichen sahen (sie kennen teilweise noch einander), waren sie sehr motiviert auch zu MVP zu kommen. Wir werden sehen, denn im Maerz 2008 werden die naechsten Burschen in unser zweijaehriges Projekt aufgenommen. Bedrueckend ist die Situation auch hier fuer die Burschen, da sie sich alle danach sehnen, Weihnachten mit ihrer Familie zu feiern. Vor allem fuer einen 18jaehrigen ist es schwer. Er duerfte, wahrscheinlich wegen „guter Fuehrung“, ueber Weihachten nach Hause. Aber seine Familie hat zu wenig Geld um ihm den Heimtransport zu finanzieren…
Bei all den einzelnen Geschichten der Burschen wird uns klar, dass es uns zu Hause eigentlich sehr sehr gut geht. Obwohl es gerade zu Weihnachten hin und wieder zu familiaeren Auseinandersetzungen oder sonstigen Streitigkeiten kommen kann, duerfen wir uns nicht beklagen. Wir befinden uns immerhin – im Gegensatz zu den Burschen hier – in einer vertrauten Umgebung, haben ausreichend, ja sogar in Ueberfuelle, zu Essen und koennen meistens unsere Situation, wenn sie uns nicht passt, aendern.
Wir wuenschen euch noch gute letzte Vorbereitungstage auf das groesste Weihnachtsfest im Jahr! :-)
Samstag, 22. Dezember 2007
Viel Zeit ist vergangen, viel ist passiert...
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